Zum Tod von Werner Schulz

Leipzig, Bündnis 90/Die Grünen. Werner Schulz wird fehlen. Sein plötzlicher und viel zu früher Tod macht betroffen. Mit ihm ist ein engagierter Bürger- und Menschenrechtsaktivist der DDR-Opposition, ein Akteur und unbestechlicher Zeuge der Friedlichen Revolution und ein bündnis-grüner Politiker ostdeutscher Herkunft mit gesamtdeutscher Wirkung verstorben. Vor allem aber wird er als kritischer Zeitgenosse fehlen, der nicht müde wurde, mit einprägsamen und aufklärenden Worten ostdeutsche und osteuropäische Perspektiven in die deutsche und europäische Diskussion einzubringen. Gerade in diesen Wochen und Monaten hat er immer wieder darauf aufmerksam gemacht, wie konstitutiv der Beitrag der Menschen aus dem ehemaligen Ostblock mit ihrer Friedlichen Revolution für die europäische Bürgergesellschaft ist. Als genauer Kenner Russlands und Freund vieler Oppositioneller dort half er bis zuletzt bei der Orientierung in der Zeit nach der Zeitenwende. Seine Erfahrungen und Einschätzungen werden fehlen.

Auch mit Leipzig und dem bündnisgrünen Kreisverband war Werner Schulz eng verbunden. Als Kontaktmann des Neuen Forums nach Sachsen nahm er an der großen Montagsdemonstration vom 9. Oktober teil. In seiner Rede zum 20. Jahrestag dieser Demonstration stellte er ihre besondere Bedeutung für die Friedliche Revolution so heraus, wie es vielleicht nur er konnte: „Von da an nahm die Zahl der Bürger in einem Land ohne Bürgerrechte unaufhörlich zu. Wurde aus der Bürgerrechtsbewegung eine Bürgerbewegung. (…) Ohne den 9. Oktober in Leipzig hätte es den 9. November in Berlin nicht gegeben und nicht den 3. Oktober 1990.“

Werner Schulz blieb Sachsen und Leipzig aber auch weiterhin verbunden. In den neunziger Jahren zog er immer wieder über die Landesliste Sachsen in den Bundestag ein und war sowohl 1994 als auch 1998 Leipziger Direktkandidat von Bündnis 90/Die Grünen. Außerdem trat er für den Kreisverband bei der Oberbürgermeisterwahl 1998 als bündnisgrüner Kandidat an und errang ein beachtliches Ergebnis. Bestürzt zeigt sich Gisela Kallenbach, langjähriges Mitglied des Leipziger Kreisverbandes, Abgeordnete und DDR-Umweltaktivistin: „Ich erinnere mich an viele gemeinsame Wahlkämpfe, bei denen wir für bündnisgrüne Inhalte geworben haben. Es ist unfassbar, einen langjährigen Wegbegleiter so plötzlich zu verlieren. Tiefes Mitgefühl gilt der Familie.“ Ulrike Böhm, eine der beiden Sprecherinnen des Kreisverbandes: „Werner Schulz zu würdigen und sein Andenken zu wahren, heißt vor allem auch, sich daran zu orientieren, wie er Politik betrachtete und gestaltete. Unsere Anteilnahme gilt seinen Angehörigen.“

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