Archive for Oktober, 2020

GRÜNE kritisieren respektlosen Umgang lokaler Verwaltungen und Parlamente mit Petitionen

Artikel 17 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland verbrieft das „Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden“. So geschehen zuletzt hier in Leipzig am 14.10.2020, als die NABU-Petition „Bauen und Natur erhalten! Artensterben stoppen! Grünflächen erhalten!“ (Bebauung des Leuschnerplatzes) an den Stadtrat übergeben wurde. So geschehen am 19.10.2020, als die Petition „Andere Wege gehen – kein Wegebau für KFZ“ (umfangreiche Flächenversiegelung und Straßenbau am Ufer des Störmthaler Sees) an den Gemeindrat Großpösna im Landkreis Leipziger Land übergeben wurde. Beide Petitionen wurden von Tausenden Bürger*innen mitgetragen, beiden Petitionen vermitteln die Bitte dieser Menschen, bei Bauprojekten die Belange der Natur zu beachten, Tiere und Pflanzen, insbesondere auch Bäume, zu schützen.
Rechtsfolge einer Petition ist, dass sie von der Behörde oder der Volksvertretung, an die sie gerichtet ist, bearbeitet und beantwortet werden muss.

Es war bitter, mit anzusehen, wie die NABU-Petition (6.176 Unterschriften) einfach zu den Akten gelegt wurde. Karsten Peterlein, GRÜNES Mitglied, ehrenamtlich aktiv beim NABU hier in Leipzig und Initiator der Petition: „Wir sind noch immer schockiert. Es war ein schwarzer Tag für die Bürgerbeteiligung in Leipzig! Wir waren auf der Besuchertribüne anwesend, als unsere Petition im Stadtrat innerhalb von 30 Sekunden „behandelt“ wurde. Ganz schnell wurde die von der Stadt als Antwort auf unsere Petition formulierte Beschlussvorlage, welche nicht in Ansätzen auf die acht Forderungen unserer Petition eingeht, beschlossen. Bei der Entscheidung befanden sich einige Stadträte noch in der Essenspause, und es gab keine Wortmeldungen.“

Auch die Bürgermeisterin von Großpösna zeigte sich angesichts der Petition der Bürgerinitiative Dreiskau-Muckern (4.789 Unterschriften) nicht sonderlich beeindruckt. Natürlich habe man da jetzt auf die Schnelle keine Antwort. Ulrike Böhm, Sprecherin der Leipziger GRÜNEN, war bei der Übergabe der Petition im Landkreis dabei. „Wir dürfen nicht vergessen, dass Demokratie nicht nur bedeutet, dass man eine Petition einreichen darf, ohne dass einem selbst dabei Nachteile entstehen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Verwaltungen und erst recht die gewählten Volksvertreter*innen die Meinungen und Vorschläge der Menschen ernst nehmen, sich mit den Themen der Petitionen auseinandersetzen und eine öffentliche Diskussion zulassen. Die Auswirkungen der drohenden Klimakatastrophe machen die Bürger*innen in der Stadt und auf dem Land sensibel. Jeder Erwachsene und auch Kinder spüren, dass noch mehr Flächenversiegelung und noch weniger Bäume keine Lösung, sondern Teil des Problems sind. Natürlich gibt es die klassischen Zielkonflikte zwischen Bauen und Natur erhalten oder zwischen touristischer Nutzung und der Schönheit unberührter Natur. Diese müssen augehandelt werden.“

„Als Politiker*innen sind wir verpflichtet, den Menschen, die uns gewählt haben, diese Konflikte zu erklären. Streng formale Verhaltensweisen fördern die Politikverdrossenheit. Wir aber brauchen Bürgerinnen und Bürger, die uns vertrauen und dabei helfen, Beschlossenes umzusetzen. Allein in den Rathäusern und den Gemeindesälen werden wir die Probleme nicht lösen können.“ so Ulrike Böhm

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Aufstellungsbeschluss zum WTNK: Wie weiter mit Leipzigs Fließgewässern?

Leipzig. Die GRÜNEN fordern seit zwei Jahren ein Moratorium des WTNK (Wassertouristisches Nutzungskonzept), weil der Ausbau der touristischen Nutzung der Leipziger Fließgewässer angesichts der Klimakrise nachrangig sein sollte. Leipzigs Gewässer sind in einem unbefriedigendem bis schlechtem Zustand, nicht nur wegen der vergangenen schweren Dürreperioden. 

„Am 14.10.2020 wurde im Rathaus die Fortschreibung des WTNK, welches wir GRÜNEN nach wie vor kritisch sehen, beschlossen“, so Matthias Jobke, Sprecher des Leipziger Stadtverbandes BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. „Wir betrachten es als großen Erfolg für die Leipziger Klima- und Umweltpolitik, dass der gemeinsame Änderungsantrag von Jürgen Kasek und Michael Neuhaus vom Stadtrat mit großer Mehrheit angenommen wurde.“

Der gemeinsame Änderungsantrag der umweltpolitischen Sprecher der GRÜNEN und der LINKEN zielte darauf ab, das WTNK bis zur Verabschiedung des Auenentwicklungskonzeptes unter Vorbehalt zu beschließen. Ziel des Auenentwicklungskonzeptes ist die Renaturierung der Auenlandschaft mit Wiederherstellung der natürlichen Gewässerdynamik. 

Ulrike Böhm, die Sprecherin des Leipziger Stadtverbandes Bündnis90/Die GRÜNEN, nimmt Bezug auf den Änderungsantrag der gesamten GRÜNEN Stadtratsfraktion: „Statt des WTNK fordert die Partei schon lange ein Gewässerentwicklungsprogramm, um die Ziele der WRRL (Europäische Wasserrahmenrichtlinie) zu erreichen. Da aber nun der Aufstellungsbeschluss offenbar unbedingt her musste, hat unsere Fraktion beantragt, die Maßnahmen des WTNK dem Auenentwicklungskonzept zu unterstellen UND die ökologischen Auswirkungen eines schiffbaren Gewässerneubaus oder -ausbaus unter Beachtung des Verbesserungsgebotes der WRRL zu betrachten.“

Im Änderungsantrag heißt es, das Verfahren zur Aufstellung müsse so ausgerichtet werden, dass alle Maßnahmen des WTNK dem Auenentwicklungskonzept zeitlich nachgeordnet sind und nicht von vornherein zu einer faktischen Vereitelung der Schritte führen, die für einen guten Gewässerzustand erforderlich sind. 

„Diese Präjudizierung schränke aber das Verwaltungshandeln zu sehr ein, und so wurde eine Einzelabstimmung der verschiedenen Punkte des GRÜNEN Änderungsantrages durchgeführt. Ich weiß nicht, was mich mehr erschüttert: dass im Stadtrat keine Mehrheit dafür zustande kam, die Entwicklung und Erhaltung des Auwaldes dem weiteren Aufblähen des Wassertourismus vorzuziehen oder dass durch diese Abstimmung hohe Strafzahlungen an die EU billigend in Kauf genommen werden, was aus meiner Sicht das Vertrauen in die Politik weiter schmälert. Wir werden hier in Zukunft auch als Partei noch genauer hinschauen“, so Ulrike Böhm abschließend.

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