Moratorium des Wassertouristischen Nutzungskonzepts gefordert!

Durch den Grünen Ring Leipzig wurde ein so genannter Runder Tisch installiert, an welchem neben dem Grünen Ring selbst hauptsächlich an Wassertourismus interessierte Vertreter aus Wassersport, Angelsport, Bootsverleih, Fahrgastschifffahrt, Wirtschaft und Tourismus Platz genommen haben. Ganze drei der mehr als 20 Sitze billigte man den in Sachsen anerkannten Naturschutzvereinigungen zu, die damit mit ihren Sorgen um die durch Klimawandel, Artensterben und Rückgang der Biodiversität ohnehin gebeutelte Flora und Fauna auf verlorenem Posten stehen.

Der Arbeitskreis Umwelt- und Naturschutz des Kreisverbandes Leipzig von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert, dass der Gesetzgeber für ein derartig umfangreiches Tourismusprogramm, das auch Großprojekte umfasst, eine strategische Umweltprüfung vorsieht. „Stattdessen werden teure Einzelmaßnahmen bereits angeschoben und umgesetzt“, sagt Tobias Möller, Sprecher des Arbeitskreises.

So wurde trotz fehlender Aussicht auf ein Baurecht der vorzeitige Baubeginn des Harthkanals durch die Landesdirektion gestattet. Ulrike Böhm, Sprecherin des Arbeitskreises, gibt zu bedenken, dass es bisher völlig unklar sei, welchen Einfluss das sulfatbelastete Wasser des Zwenkauer Sees auf den Cospudener See, den Floßgraben und die Pleiße haben wird. „Die vorliegenden Unterlagen sind widersprüchlich und fehlerhaft, eine Umweltverträglichkeitsprüfung wurde 2009 durch die Landesdirektion nach überschlägiger Prüfung als nicht notwendig erachtet“, so Böhm weiter. Der Harthkanal soll nach bisheriger Schätzung 80 Millionen Euro kosten.

Auch am Nordostufer des Cospudener Sees wird derweil fleißig gebaut. Den Wasserwanderrastplatz nahe dem Zufluss des Floßgrabens förderte die Landesdirektion mit 700.000 €. Auch hier werden ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne die Beratungsergebnisse des angeblich so bedeutenden Runden Tischs abzuwarten, Tatsachen geschaffen. Dieser soll nämlich bis Ende dieses Jahres beraten, dagegen ist die Eröffnung des Wasserwanderrastplatzes samt Steg, WC – Anlage und Imbissbude schon für den Saisonbeginn 2019 vorgesehen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Leipzig fordern für das Wassertouristische Nutzungskonzept (WTNK) ein ordentliches Verfahren mit sorgfältiger Prüfung der umweltschutzrechtlichen Belange insbesondere der europäischen Vorgaben wie Berücksichtigung von Natura 2000-Gebietsschutz, Artenschutz und Wasserrahmenrichtlinie. Der so genannte Runde Tisch kann schwerlich als Beteiligungsverfahren von Fachbehörden, Umweltverbänden und Öffentlichkeit bezeichnet werden, denn er besteht im Wesentlichen aus Wirtschafts- und Tourismusvertretern. Diese sind natürlich an einer weiteren Steigerung des Massentourismus interessiert und haben weniger die regionale Artenvielfalt und die Lebensqualität in den Stadtquartieren im Auge.

Die SprecherInnen des Arbeitskreises Umwelt- und Klimaschutz gehen noch weiter: „Insbesondere vor dem Hintergrund der spürbaren Folgen des Klimawandels sollte man über ein Moratorium des WTNK nachdenken. Das Konzept ist mehr als 10 Jahre alt, inzwischen jagte ein sommerlicher Hitzerekord den anderen. Dies erfordert zunächst eine Anpassung der Stadt, ihrer Gewässer und Auen an die Klimafolgen. Großspurige Konzepte für den Massentourismus sollten dem Naherholungsinteresse der hier lebenden Menschen weichen, Flora und Fauna sind zu erhalten und zu schonen, denn sie sind Bestandteil der Leipziger Gewässer und sie allein halten sie lebendig. Daher wäre eher eine Großoffensive zur ökologischen Verbesserung der Leipziger Gewässer angebracht.“

Bildunterschrift: Auch der im Kurs 1 des WTNK liegende verträumte Floßgraben – hier nahe dem Cospudener See aufgenommen – soll zukünftig dem Massentourismus dienen.

Hintergrund: Beim WTNK (Wassertouristisches Nutzungskonzept) handelt es sich um ein in den 2000er Jahren erarbeitetes Konzept, welches derzeit von der Stadt Leipzig, namentlich dem Grünen Ring Leipzig, als Auftraggeber fortgeschrieben wird. Auftragnehmer ist ein Umwelt-, Landschafts- und Freiraumplanungsbüro mit Niederlassungen in Herne, München, Hannover und Berlin. Beim WTNK geht es allerdings um die Wasserstraßen und Gewässer Leipzigs und seiner Umgebung sowie des Leipziger Neuseenlandes, die im Rahmen von mehr als 100 Einzelmaßnahmen wassertouristisch weiter erschlossen werden sollen.

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