Rahmenbedingungen in der Jugendhilfe verbessern, statt Trägerschaft in Frage zu stellen!

Am gestrigen Montag, 18. April, haben Vertreter der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, darunter auch mehrere SpitzenkandidatInnen der bevorstehenden Kommunalwahl, eine Fahrradtour „Jugendhilfe in Leipzig“ zu mehreren offenen Jugendhilfeeinrichtungen und Freizeittreffs, sowohl in kommunaler als auch in freier Trägerschaft durchgeführt.

Ziel der dreiteiligen Tour im Leipziger Osten, Westen und Süden waren neben den Informationen zur Arbeit der Einrichtungen die Gespräche mit den LeiterInnen und den pädagogischen Fachkräften der Kinder- und Jugendtreffs. Zentrales Thema in den Gesprächen war die derzeitige Finanzierung der Jugendhilfe und deren Entwicklung der vergangenen Jahre. Hierbei wurde einmal mehr deutlich, dass im Bereich der Jugendhilfe genereller Handlungsbedarf herrscht und nach Jahren des Qualitätsrückgangs aufgrund sinkender finanzieller Zuschüsse ein Paradigmenwechsel eingeleitet werden muss.

Hierzu Michael Schmidt, Stadtrat und Spitzenkandidat von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNE und Mitglied im Jugendhilfeausschuss:

„Unsere Besuche und Gespräche in den Einrichtungen im Leipziger Westen zeigten deutlich die unterschiedliche personelle Ausstattung der Jugendclubs. Während die kommunalen Einrichtungen noch über durchschnittlich 4 Fachkräfte verfügen, sind es in den Einrichtungen, welche in freier Trägerschaft laufen, nicht einmal zwei volle Stellen. Dabei ist die Arbeit in den Einrichtungen absolut vergleichbar und die Zielgruppen sind, gerade in Leutzsch und Grünau, besonders ins Blickfeld zu nehmen, weil sich in diesen Stadtteilen eine Vielzahl sozialer Problemlagen zeigen. Kinder, die tagsüber außerhalb der Kinder- und Jugendtreffs kein Essen und Trinken bekämen, sind leider keine Seltenheit. Auch Suchtprobleme und andere Arten sozialer Vernachlässigung sowie Spannungen untereinander sind alltägliche Probleme, denen sich die Sozialarbeiter widmen. Sie beschäftigen die Kinder und Jugendlichen in kreativen Projekten, lehren ihnen Toleranz und Vertrauen sowie handwerkliche Fertigkeiten, helfen ihnen, ihr künstlerisches Potenzial zu entdecken, bereiten gemeinsam warme Mahlzeiten zu und veranstalten für die jungen Besucher Ausflüge, Exkursionen, Museumsbesuche und vieles mehr. Wenn man sich einmal vergegenwärtigt, welche immens wichtige und hochqualifizierte Arbeit in den Offenen Freizeittreffs geleistet wird und sich die Kürzungsrunden der letzten Jahre vor Augen hält, bekommt man das Gefühl, dass diese Arbeit längst nicht mehr so wertgeschätzt wird, wie dies nötig sei.“

Annette Körner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion sowie Spitzenkandidatin im Wahlkreis Nordwest besuchte verschiedene Einrichtungen im Leipziger Osten. Sie kritisiert:

„Die nun von der Verwaltungsspitze angestoßene Diskussion, plötzlich ihre restlichen kommunal angebotenen Jugendeinrichtungen in freie Trägerschaft zu überführen, sehen wir kritisch und lehnen dies ab. Wir schätzen die Freien Träger außerordentlich, aber wir übersehen nicht, dass die Stadt jährlich die Gürtel für sie und gegen unseren Willen enger schnürt. Die städtischen offenen Treffs und die Förderung der Kinder- und Jugendkultur sind somit aktuell gefährdet, da bereits die Diskussion ihre Mitarbeiter verunsichert. Wir müssen uns stattdessen endlich zusammensetzen und die Rahmenbedingungen in der Finanzierung der Jugendhilfe in Leipzig verbessern. Viele Einrichtungen sind über die Jahre dermaßen ausgetrocknet worden, dass nur noch ein Minimalangebot durch die Träger erbracht werden kann. Während die pädagogischen Fachkräfte in den Treffs ganz häufig die engsten Bezugspersonen der Kinder und Jugendlichen sind, haben sie keinerlei Handhabe, abzusichern, dass sie morgen noch Ansprechpartner sind. In den Treffs arbeiten systemische Berater, hochqualifizierte und für viele Kinder und Jugendliche mit sozialen Problemlagen ausgezeichnet geeignete Fachkräfte. Doch immer häufiger müssen sie als Alleinkämpfer den Treff absichern, können sich somit kaum noch zu notwendigen Einzelgesprächen mit den Jugendlichen zurückziehen. Heute einfach Trägerschaften abgeben zu wollen, um später Finanzmittel reduzieren zu können, ist nicht zu verantworten. Wir müssen die Rahmenbedingungen der Jugendhilfe verbessern, statt verschlechtern und notwendige Standards in den Einrichtungen formulieren, um den sozialen Problemlagen in unserer Gesellschaft zielgerichteter und effektiver zu begegnen. Das kostet Geld, welches aber allemal gut angelegt ist, weil es perspektivische Sozialausgaben sparen hilft.“

Die Radtour fand in drei Gruppen im Leipziger Osten (Annette Körner, Daniela Strothmann und Lutz Unbekannt), im Leipziger Süden und Zentrum (Katharina Krefft, Norman Volger und Tim Elschner) sowie im Leipziger Westen (Michael Schmidt, Jürgen Kasek und Daniel von der Heide) statt. Dabei wurden insgesamt acht offene Kinder- und Jugendeinrichtungen besucht, davon fünf in kommunaler und drei in freier Trägerschaft.

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