Prof. Felix Ekardt, Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik (Leipzig) und Leipziger OB-Kandidat von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt aus Anlass der Würdigung Leipzigs beim erstmals auch an Städte und Kommunen vergebenen Deutschen Nachhaltigkeitspreises:
„Leipzig ist für mich die lebenswerteste deutsche Stadt, und deshalb freue ich mich sehr, wenn das immer stärker deutschland- oder sogar europaweit wahrgenommen wird. Dass Leipzig so eine lebenswerte Stadt ist, ist zum größten Teil allerdings nicht das Verdienst der Rathausleitung. Der Auenwald nicht, und auch die vielen sanierten Gründerzeithäuser nicht — die verdanken wir privater Initiative und einer klugen Steuererleichterungspolitik in den 1990-er Jahren. Und dass wir kaum noch Braunkohle nutzen, liegt an der Wiedervereinigung und nicht an städtischer Planung. Und soweit explizite stadtplanerische und ökologische Initiativen in Leipzig ergriffen werden, so beruht dies regelmäßig auf Initiativen der bündnisgrünen Stadtratsfraktion.
Außerdem gibt es noch extrem viel zu tun: So werden Flug- und Verkehrslärm und Feinstaub weitgehend ignoriert von der Leipziger Rathausleitung. Und die Stadtwerke setzen auf Beteiligungen an Kohlekraftwerken statt auf 100 % erneuerbare Energien. Generell wird in Deutschland, auch von Regierungen und aus Anlass von Preisen, oft eher über Nachhaltigkeit geredet und gehandelt. Auch in Leipzig haben wir etwa fünfmal mehr Klimagasemissionen, als verträglich wären, wenn alle Menschen weltweit und auf Dauer so leben würden wie wir. In Bereichen wie Gebäudesanierung, Autoverkehr, Flugverkehr oder Fleischkonsum stehen wir in Deutschland trotz vieler guter Ideen noch ganz am Anfang mit nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweisen.
Zu einer Nachhaltigkeitsstadt würde außerdem auch ein Oberbürgermeister gehören, der selbst Vorbild ist und damit die Bürger zum Mitmachen animiert. Im großen Dienstwagen durch Leipzig zu fahren und zu einer Nachhaltigkeitspreis-Verleihung nach Düsseldorf einen innerdeutschen Flug zu buchen, ist peinlich für den vermeintlichen Nachhaltigkeits-Oberbürgermeister Jung. Ich selbst fahre, obwohl ich sehr viel zu tun habe, auch zu Auslandsvorträgen in Bukarest oder Madrid mit dem Zug. Am Ende zählt reales Handeln und nicht das schönste Festtags-Lächeln.“
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