Nachdem der Citytunnel den ersten Besuchern vorgestellt wurde, darunter auch Felix Ekardt, muss die grundsätzliche Kritik am Projekt erneuert werden. Der zuständige Wirtschaftsminister Sven Morlok hatte zu Beginn ausgeführt, dass man bei der Realisierung des Projekts sowohl im Zeitplan als auch im Rahmen der Finanzen wäre. Zudem sei der Citytunnel deutlich wirksamer als die Umweltzone bei der Verringerung der Schad- und Feinstaubemissionen.
„Die Aussagen des Staatsministers sind schon erstaunlich. Der ursprüngliche Finanzrahmen des Projektes wurde nahezu verdoppelt in der Realisierungsphase. Die enormen Kostensteigerungen waren von Anfang an absehbar, allein schon weil sie sich bei fast jedem Großprojekt so ereignen. Bei einer frühzeitigen Offenlegung aller Kosten wäre das Projekt wahrscheinlich nicht gekommen. Es bleibt eine Frage der Zeit bis der Minister bekannt gibt, dass aus den aktuell 960 Mio. €, die Kosten die Milliarden Grenze überschreiten. An dieser Stelle wird deutlich, dass wir bei der Realisierung von Großprojekten eine offenere, transparentere und nachvollziehbarere Kostenrechnung brauchen. Dass regelmäßig bei Projekten der Kostenrahmen überzogen wird, ist kein zufriedenstellendes Ergebnis. Das Geld für solche Großprojekte mit sehr begrenztem Nutzen fehlt Städten und Bundesländern dann für wichtigere Dinge wie Schulneubauten, Kitaplätze oder engere Bus- und Straßenbahntakte.
Der verkehrspolitische Nutzen des Citytunnels bleibt dagegen eher gering. Denn statt das Konzept in einem integralen Verkehrsmanagementkonzept für Sachsen einzusetzen, macht gerade der aktuelle Landesentwicklungsplan Verkehr eine gänzlich andere Prioritätensetzung deutlich. Zudem wurden die Kosten für den ZVNL gerade erst gekürzt mit der Folge, dass die neuen Züge die durch den Citytunnel fahren werden, im Wesentlichen kaum Fahrradstellplätze haben. Die drastische Beschränkung von Fahrradplätzen in den neuen Zügen konterkariert jedoch die Wende hin zu kostengünstigen und klimafreundlichen Verkehrsmitteln. Ebenso wie die Attraktivität des Zugverkehrs in Sachsen, durch die vom Wirtschaftsminister zu vertretenen Streckenstilllegungen leidet. Ebenso wie die enormen Kosten des ÖPNV in Leipzig die Attraktivität einschränken.
Auch mit der Aussage zum Thema Umweltzone hat der Wirtschaftsminister wenig Faktenkenntnis bewiesen. Zum einen ist die Verbesserung des Angebots im Bereich ÖPNV bereits im Luftreinhalteplan der Stadt enthalten, zum anderen können PKW-Kilometer nur dann effektiv eingespart werden, wenn zu der Angebotsverbesserung auf der einen Seite, eine Angebotsverschlechterung auf der anderen Seite einhergeht. Dass letztlich auch kein Fernverkehr durch den Citytunnel fahren wird, ist eine weitere unerfreuliche Fußnote. Im Ergebnis bleibt ein mondäne Monstrosität und die Fragestellung, wie lange die Fokussierung auf derlei Prestigeobjekte noch gehen soll. Der Citytunnel wird nur ein kleiner, aber dafür sehr teurer Baustein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität sein können.“
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