Zu der Debatte zwischen der Mittelstandsvereinigung und der CDU, die mehr Platz für Autos fordert, und den Umweltverbänden erklärt der OBM-Kandidat der Grünen Leipzig Professor Felix Ekardt: „In einer Großstadt wie Leipzig spielen alle Verkehrsträger eine wichtige Rolle, aber die Fakten sollten stimmen. Wir wissen seit langem aus der Verkehrswissenschaft: Mehr Straßen lösen keinen Stau auf, sondern ziehen neuen Verkehr an. Bereits jetzt wird der öffentliche Straßenraum durch das Auto dominiert. Die Sicherheit von älteren Leuten und Kindern auf dem Schulweg ist durch den Straßenverkehr an vielen Stellen bedroht.
Immer mehr Straßenlärm schadet zudem der Lebensqualität in Leipzig ernsthaft. Und wir wissen aus der Lärmmedizin: Lärm ist keine Nebensächlichkeit, sondern macht krank – wer an belebten Straßen wohnt, hat ein massiv höheres Risiko für Herzkreislauferkrankungen.
Zielrichtung sollte sein, Leipzig mit seinen im Vergleich zu Westdeutschland sehr guten Voraussetzungen zur Vorbildstadt für nachhaltige Mobilität und Lebensqualität umzubauen. Für Ressourcen- und Klimaschonung, für eine kind- und seniorengerechte Stadt und ein verkehrsberuhigtes Wohnumfeld ist die Entwicklung eines Energie- und Verkehrskonzeptes dringend angezeigt, das Alternativen zum Auto entwickelt und diese für jeden attraktiv und praktikabel macht. Dies ist auch eine soziale Frage, ist doch das Auto die teuerste Variante des Individualverkehrs. Der deutlichen Stärkung des Fahrrad- und Fußgängerverkehrs kommt auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Mobilität eine Schlüsselfunktion zu.
Umso zynischer wird daher auch der Angriff der CDU, wir Grünen wären gegen eine wohnortnahe Versorgung und würden die autofahrenden Senioren benachteiligen. Zum einen ist diese Behauptung glatt gelogen und zum anderen wird hier eine Altersgruppe, die Senioren, als Kronzeuge von der CDU herangezogen, die primär auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen ist.
Eine von Realismus und Ehrlichkeit geprägte Politik muss aber auch die Verkehrs- und Finanzpolitik parallel im Blick haben. Soli und Schuldenbremse werden die Haushaltslage perspektivisch verschärfen, und kaum etwas ist so teuer wie neue Straßen; da muss die klare Priorität auf der Instandhaltung vorhandener Straßen liegen. Dabei wird der Bedarf an Mobilität durch ein reichhaltiges Angebot auch weiterhin befriedigt werden.
Maßnahmen wie etwa die Ausweitung von Tempo-30-Zonen müssen intensiv und ergebnisoffen diskutiert werden. Die durch Grüne und SPD auf Bundesebene angestrebte Novellierung der StVO in dieser Richtung wirkt sogar kostensenkend, verringert die Anzahl von Verkehrsschildern in den Gemeinden, den Lärm und die Anzahl an schweren Verkehrsunfällen. Gerade angesichts der Lärmproblematik ist es etwa unverständlich, dass die Stadt die Karl-Tauchnitz-Straße nicht längst als Tempo-30-Zone ausgewiesen hat. Da hier die Lärmwerte regelmäßig überschritten werden, ist die Stadt zu wirksamen Maßnahmen verpflichtet. Die Stadt provoziert hier neuerliche Klagen.
Letztlich profitiert gerade der Mittelstand von einem intelligenten Verkehrsmanagement, dass den Autoverkehr insgesamt reduziert, da somit diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind, ohne Staus und ohne Zeitverlust die Stadt durchqueren können. Das ist gut für alle. Umso mehr Menschen durch eine gute Fahrradinfrastruktur, einen bezahlbaren gut ausgebauten ÖPNV und durch vernünftige Wegeführung motiviert werden können, dass Auto auch mal stehen zu lassen, umso besser für uns alle – besonders für unsere Kinder.“
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